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Polenta und Käse
Plènte unt kase


Früher musste jede Familie selbst für ihr Auskommen sorgen, und neben Milchprodukten und dem wenigen Fleisch war das, was der Boden hergab, bei weitem das Wichtigste. Die Wiesen in der Nähe der Höfe wurden als Heuwiesen genutzt, in Wechselwirtschaft aber auch für die Aussaat gepflügt oder umgestochen, um den Boden zu erneuern. Auf den Feldern (òcker) wuchsen verschiedene Kartoffelsorten, Gerste (gèrschte), Roggen (rokke) und Flachs (hoor), während die Frauen in den Gemüsegärten (gèrte) Gemüsesorten anbauten, die im Sommer gegessen wurden, um die Monotonie von Polenta und Kartoffeln zu durchbrechen: Kohl für die Zubereitung von Sauerkraut (kraut), Saubohnen (poan), Steckrüben (ravaneis), verschiedene Rübenarten (ruibm), Zwiebeln (zbival), Knoblauch (knouval), Erbsen (orbasn), Kopfsalat (solat) und Karotten (moarn).

Neben dem Mohn, dessen Samen die Hauptzutat für einige Süßspeisen waren, wuchs die Zichorie (Zegourn), deren gehackte und geröstete Wurzel zur Kaffeezubereitung verwendet wurde. Eine Ecke des Gartens war für Heil- und Gewürzkräuter (kraiter) vorgesehen, wie zum Beispiel für Minze (minzn), Malve (malva), Wermut (bermant), Oregano (bolgemuit), Estragon (pèrschtròmm) und Kren (krean).

Die Grundzutaten der Sappadiner Küche waren einfach und wenig abwechslungsreich: Polenta (plènte), Kartoffeln (eapfl) und Käse (kase), mit denen die Hausfrauen in früheren Zeiten viele Gerichte zuzubereiten wussten – an Appetit mangelte es sicher nie.

 

Traditionelle Gerichte kommen heute nur noch in wenigen Familien auf den Tisch: Nudeln nach italienischer Art haben die in Bänder oder Rauten geschnittenen Nudeln auf Sappada-Art (nudl, vlecknudl) ersetzt. Heute werden Nudelgerichte mit Sauce oder frischer Butter zubereitet, während früher nur gekochte und zerlassene Butter verwendet wurde. Auch in Sappada werden Knödel (kneidl) gekocht, aus altbackenen Brotwürfeln, die mit Salami oder geräuchertem Schweinefleisch vermischt und mit Eiern, Mehl und Milch verknetet werden. Auf den Tisch kamen auch Suppen, vor allem Gerstensuppe (gèrschtesuppe) und geröstete Mehlsuppe (prennsuppe). Daneben gab es gepitschta kròpfn, mit Steckrüben und Minze oder Saurnschotte / saurem Topfen gefüllte Teigtaschen, oder in Wasser und Milch gekochte, von Hand gefertigte Nudeln (pfèrvilan).

 

Der zweite Gang als Hauptgericht bestand aus Milchprodukten, die mit Polenta, Kartoffeln, Kraut oder Rüben angerichtet wurden. Der im Dorf hergestellte Alm- (òlbmkase) und Milchkäse (sendarkase) ist sowohl bei Familien als auch Touristen begehrt. Besondere Gerichte, die immer seltener werden, sind der eingelegte Käse (sulznkase), der saure Topfen (saurnschotte), der vor kurzem wiederentdeckt wurde, und geräucherte Topfenkügelchen (schotteknellilan): Der eingelegte Käse wurde zum Reifen noch in frischem Zustand in einen Bottich mit sehr salzigem Wasser gegeben, während die Sauerschotte aus geronnener Milch mit Estragon (pèrschtròmm) hergestellt wird, der in den Gärten des Dorfes wächst. Früher ließ man die Milch sauer werden lassen, so wurde sie zu gestockter Milch (geschtockta milch). Weiters gab es Gerichte aus Maismehl, die als Polentabrei (muis) serviert wurden: dabei kam die Polenta entweder mit zerlassener Butter und geräuchertem Topfen (ingemòchts muis) oder mit saurem Topfen (schotte dunkate) auf den Tisch.

Fleisch stand nicht so oft zur Verfügung: Heute wird in einigen Familien noch ein Schwein gehalten, das im Herbst geschlachtet wird und das der Familie frische Würste (birschte) oder Blutwürste (pluitbirschte und ville) und nach besonderer Behandlung Speck (schpèck) und Räucherfleisch (senkilan) garantiert: Früher wurden verschieden große Stücke zuerst gepökelt und dann in der Küche über dem offenen Feuer geräuchert, wobei sich der Rauch an der Zimmerdecke festsetzte, bevor er ins Freie abzog.

Das wichtigste Speisegewürz war mòchate, geschmolzenes und mit weißem Speck erhitztes Schmalz, das mit Rosmarin, Salbei, Zimt, Nelken, Knoblauch und Zwiebeln gewürzt wurde, oder für Kartoffelsalat auch Molke (saire). Gemüse wie grüner Salat, Kartoffeln, Bohnen und Kohl/Weißkraut wurden mit zerlassenem Schmalz angemacht, heute durch Oliven- oder Samenöl ersetzt.

Zu festlichen Anlässen (Hochzeiten, Fasching) wurden viele Süßspeisen zubereitet, die man auch heute noch gerne genießt, wie z. B. krischkilan, hosenearlan (Hasenöhrchen – in Schmalz oder Butter herausgebackene Teigrauten), mognkròpfn mit Mohnfüllung, Pfannkuchen wie muttn und schtraubm (runde Schnurpfannkuchen / Strauben). Kindern wurde oft ein Stück Kuchen (pètta) verabreicht. An den Osterfeiertagen wurde auch das süße Osterbrot (Oaschter proat) zubereitet, das in Scheiben geschnitten mit Salami, gekochten Eiern und Kren serviert wurde.

Der Kaffee wurde früher … in Sappada aus Gerste, Saubohnen und Zichorie hergestellt, zuerst geröstet und dann gemahlen; heute wird nur mehr echter Bohnenkaffee getrunken.

Dolci di carnevale - Sappada Plodn Dolomiti


Mohnkrapfen
Mognkròpfn


Früher wurde im Dorf keine hochprozentigen Getränke gebrannt, und in den Haushalten gab es nur Schnaps, den man mit Wacholderbeeren (kronibit), Kümmel (kime), Imperatoria-Wurzeln (manschterburze) und Enzianwurzeln (enziaburze), ein hervorragendes Verdauungsmittel, ansetzte. Inzwischen gibt es verschiedene Destillate, darunter auch den neuen Estragon-Grappa.

Obst und diverse Gemüsesorten wurden bei den karnischen Wanderhändlern zugekauft: Bohnen (versouln), Äpfel (epfle) und Orangen (arancn). Das raue Klima lässt gerade noch Pflaumen (pfraumn) an den Hauswänden reifen und Waldfrüchte wie Erdbeeren (roatpeirn), Himbeeren (himpar), Heidelbeeren und Preiselbeeren (schbòrzpeirn und grèntn).

Presidio Slow Food 2022

Saurnschotte

Frischkäse mit Estragon/ pèrschtròmm aus Sappada / Plodn – Dolomiten

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Saurnschotte - Pèrschtròmm

In vielen Gärten in Sappada / Plodn wächst der pèrschtròmm (Estragon), ein aromatisches Kraut, das vor allem für die Verfeinerung von saurnschotte (saurer Topfen), Kartoffelsuppen und neuerdings auch zum Aromatisieren von Grappa verwendet wird. Geerntet wird der Estragon (eine Varietät von Artemisia dracunculus) traditionell vor seiner Blüte, in der Zeit zwischen den beiden Marienfesten (15.08. Mariä Himmelfahrt – 08.09. Mariä Geburt). Die gepflückten Blätter werden zerkleinert und in Salz eingelegt.

Dragoncello - Pèrschtròmm


Estragon
Pèrschtròmm


Der streichfähige Frischkäse mit Estragon (im Volksmund in der wortwörtlichen Übersetzung aus dem Plodarischen „saurer Topfen“ genannt) wird durch die Fermentierung von Milch gewonnen, die einige Tage lang verarbeitet und mit Salz, Pfeffer und diesem aromatischen Kraut gewürzt wird, das ihm einen besonderen, intensiven und leicht pikanten Geschmack verleiht.

Die Hausfrauen stellen diesen Frischkäse auch heute noch wie in alten Zeiten über einem Holzfeuer her, wobei die gesäuerte Vollmilch in einem speziellen gusseisernen Behälter (schottehovn) so lange auf der Herdplatte bleibt, bis die richtige Konsistenz erreicht ist. Früher wurde die Saurnschotte in einem Glas oder einer Schüssel (milchhovn) mit etwas Wasser bedeckt oder im Keller in kleinen Holzbottichen (schotteschòff) gelagert.

Die saurnschotte ist auch die Hauptzutat von schottedunkate, einem typischen Rezept aus Sappada, bei dem saurer Topfen, der bei der Polentazubereitung entstandene Schaum und Milch vermischt werden: Die Mischung wird mit der noch brutzelnden zerlassenen Butter verfeinert. Diese Spezialität wird auch als Füllung für eine Variante der gepitschta kròpfn (gefüllte Teigtaschen) verwendet, kann aber auch einfach mit Polenta oder auf einem Stück Brot genossen werden.

Diesen Frischkäse sollten Sie unbedingt probieren! Sein uraltes Rezept ist bis heute überliefert geblieben: Genießen Sie dieses besondere Aroma und entdecken Sie den einzigartigen Geschmack einer originalen Sappadiner Spezialität, die 2022 in das Slow Food Presidi Projekt aufgenommen wurde.

Dragoncello - Pèrschtròmm

Video auf die Saurnschotte-Herstellung ansehen.