Durch seine sprachlichen und kulturellen Eigenheiten unterscheidet sich Sappada / Plodn sehr deutlich von den umliegenden Gebieten Karnien und Cadore und wird als fremdsprachige Sprachinsel deutschen Ursprungs bezeichnet. Das Sappadinische oder Plodarische, das als österreichisch-bayerisch oder pustertalerisch-kärntnerisch eingestuft wird, kann als Überbleibsel des Mittelhochdeutschen definiert werden: Es wurde von den ersten Bewohnern im Mittelalter mitgebracht, entwickelte sich weiter und blieb bis ins 20. Jahrhundert erhalten, wobei es lexikalische Einflüsse aus dem Deutschen, Friaulischen, Ladinischen und Italienischen aufnahm. Die Grammatik des Sappadinischen spiegelt das Deutsche in seinen morphologischen und syntaktischen Konstruktionen wider, obwohl die Sprecher Vereinfachungen vorgenommen und viele Ausnahmen standardisiert haben, um Schwierigkeiten auszugleichen. Im Vergleich zu den Idiomen anderer Sprachinseln hat sich die deutsche Struktur im Sappadinischen trotz äußerer Einflüsse stärker erhalten, was sicherlich auf die Höhenlage des Tals zurückzuführen ist.

Heute ist die Amtssprache Italienisch, die in den öffentlichen Ämtern, in der Kirche und in der Schule gesprochen wird, und einige Sappadiner sprechen aufgrund der Kontakte mit Karnien auch Friaulisch. Der Dialekt wurde bis in die 1950er Jahre fließend gesprochen: Obwohl sich die Bevölkerung italienisch fühlte, war die Alltagssprache Plodarisch. Die wenigen Kontakte zur Außenwelt führte man hauptsächlich mit Südtirol, Österreich, Deutschland und mit der Schweiz, wo man sich mit der lokalen Bevölkerung verständigen konnte, und natürlich mit Karnien und Cadore. In den letzten Jahrzehnten ist dieser ursprüngliche Kern durch die Amtssprache Italienisch stark ausgehöhlt worden, weil die Bevölkerung gezwungen ist, für viele neue Begriffe Wörter von außen zu importieren und daher neulateinische Entlehnungen verwendet. Ein Gespräch zwischen zwei Muttersprachlern hört sich aufgrund der Mischung von Plodarisch und Italienisch mitunter merkwürdig an. Der aufkommende Tourismus und die Zunahme von Mischehen, die zwar einerseits eine Bereicherung darstellen, andererseits aber den Erhalt des seit Jahrhunderten eifersüchtig gehüteten sprachlichen und kulturellen Erbes gefährden, führen zwangsläufig zu einer Schwächung des Sappadiner Idioms. Das hohe Bildungsniveau der jüngeren Generationen und das Fernsehen haben ebenfalls zur Verbreitung der italienischen Sprache beigetragen. Immer seltener sprechen Kinder mit ihren Eltern im Dialekt und umgekehrt. Allerdings muss man feststellen, dass viele Kinder, denen der lokale Dialekt nicht beigebracht werden konnte, heute ein neuerwachtes Interesse an der Geschichte und den Besonderheiten ihres Dorfes zeigen. 

 

Seit den 1960er Jahren ist die Arbeit einer Reihe ausländischer und einheimischer WissenschaftlerInnen von grundlegender Bedeutung. Den Grundstein für die sprachwissenschaftliche Untersuchung des in Sappada gesprochenen Dialekts legte dabei die Wiener Professorin Maria Hornung, die zahlreiche Aufsätze und das erste Wörterbuch verfasste. Von der Liebe zu seiner Heimat beseelt, hinterließ der Volksschullehrer Giuseppe Fontana der Nachwelt die Beschreibung des Lebens seiner Vorfahren, einer Welt, von der er wusste, dass sie nicht mehr lange überleben würde, die es aber wert war, dass man sich an sie erinnerte und sie wegen ihrer Einfachheit und ihres Reichtums an Werten schätzte. Er war seiner Zeit voraus, indem er viele kulturelle Besonderheiten auch für touristische Zwecke aufwertete und das nach ihm benannte Ethnografische Museum gründete, das seit 2009 in Cimasappada untergebracht ist. Daneben gibt es das kleine Museum des Großen Krieges (des Ersten Weltkrieges) und das Bauernmuseum, ein Beispiel für ein traditionelles Bauernhaus in Blockbauweise und mit angebautem Stall, das aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Es wurde von der Gemeinde erworben und renoviert und ist heute der Öffentlichkeit zugänglich.

Die Erhaltung der Sprache und Kultur in Sappada wird seit den 1990er Jahren gefördert, besonders nach der Anerkennung als sprachliche Minderheit durch das Gesetz 73/94 der Region Venetien und das staatliche Gesetz 482/99. Im Jahr 1995 wurde der Kulturverein Plodar gegründet, dessen Ziel es ist, das lokale sprachliche und kulturelle Erbe durch wissenschaftliche Veröffentlichungen, Schulunterricht und die Förderung des Karnevals zu schützen. Im Jahr 2004 wurden von der Gemeindeverwaltung mit großem Erfolg die ersten Plodarisch-Sprachkurse ins Leben gerufen. Seitdem wurden zahlreiche Projekte durchgeführt, die mit dem Regionswechsel zu Friaul und den nun zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem Regionalgesetz 20/2009 noch ausgebaut werden konnten.

Heute gibt es ein neues, verstärktes Engagement für die Forschung, die Erhaltung der Traditionen des Dorfes und die Förderung der Sprache. Dank der wertvollen Informationen von Einheimischen und einer fachkundigen Arbeitsgruppe wurden kürzlich ein neues Wörterbuch (von Marcella Benedetti und Cristina Kratter), eine Flurnamenkarte auf Plodarisch, DVDs und Unterrichtsmaterial für Kinder erstellt. Zu diesem Zweck wurde eine Methode zur Transkription der gesprochenen Sprache (neue Rechtschreibung) entwickelt, die wissenschaftlichen Kriterien entspricht, aber auch von der Bevölkerung leicht verwendet und verstanden werden kann. Man muss jedoch auch anmerken, dass es zahlreiche hinderliche Faktoren gibt, wie z. B. den unterschiedlichen Sprachgebrauch in den einzelnen Weilern von Sappada. So wird in den stärker urbanisierten Weilern weniger Dialekt gesprochen als in den abgelegenen, und die Unterschiede im Gebrauch zwischen den zentralen Weilern und Cima Sappada sind manchmal beträchtlich. Die Einstellung der einheimischen Bevölkerung schwankt auch zwischen spontanem Interesse, das sich aus einer natürlichen Liebe zu ihrer Heimat ergibt, und der Gleichgültigkeit von Muttersprachlern, die die Aufwertung der Sappadiner Sprache für überflüssig halten, da sein Verschwinden ohnehin nicht aufgehalten werden könne.

Um das Identitätsgefühl der jungen Generationen zu stärken, werden zusätzlich zum Unterricht in Plodarisch auch gemeinsame Initiativen mit Tiroler und Kärntner Gemeinden jenseits der Grenze organisiert.

Kampagne der Museen – Stiftung Dolomiten UNESCO 

Raimbl